Foto Maya

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Ich bin Maya

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Verlassen

Wenn ich das folgende Ereignis nicht von Frauchen selbst gehört hätte, würde ich es nicht glauben. 
 
Wie jeden Morgen ist Frauchen heute morgen mit ihrer Blechkiste losgedüst. Wenige Meter von unserem Haus entfernt, fiel ihr ein Hund auf, welcher ruhig am Strassenrand sass. Beim Vorbeifahren, sah sie noch einen weiteren Hund - im Strassengraben liegend. Frauchen kehrte um, um zu sehen, ob sie noch helfen kann. Der wachende Hund entfernte sich einige Meter, liess Frauchen aber nicht aus den Augen. Der im Strassengraben liegende Hund -Frauchen hatte angenommen, dass er bereits tot sei- öffnete aber die Augen, als Frauchen aus ihrer Blechkiste stieg.
Sie erkannte den Hund, sie hatte ihn schon öfter auf der Strasse gesehen. Sie erinnerte sich genau, denn er war von der gleichen Rasse wie Inka, Apollo und ich. Sie sprach leise und beruhigend auf ihn ein und näherte sich.
Er sah ziemlich demoliert aus. Er lag im Strassengraben, etwas eingepfercht und seine Hinterbeine waren komisch nach oben verrenkt. Frauchen redete weiterhin auf ihn ein und streichelte ihm den Kopf. Sie wusste wo er wohnte, also stand sie auf und klingelte am Tor.
 
Und sie klingelte.
 
Und sie klingelte.
 
Und sie klingelte.
 
Dann ging sie wieder zu dem verletzten Hund, streichelte ihn eine Weile, um dann wieder zurück zum Tor zu gehen und zu klingeln.
 
Und sie klingelte.
 
Und sie klingelte.

Und sie klingelte.
 
Ein junger Bursche kam vorbei und bestätigte, dass auch er den Hund kenne, und dass dies das Haus sei wo er wohne. Er hätte den Hund schon oft gesehen, meist zusammen mit seinem Herrchen. 
 
Und sie klingelte.

Und sie... 

Einer inneren Eingebung nach, gab sie das mit dem Klingeln auf und schlug mit der Faust gegen das Tor. Das schepperte ordentlich, denn das Tor war aus Blech, doch oft konnte sie das nicht tun, denn sobald der Hund das Scheppern des Tores hörte, fiebste der Hund und versuchte aufzustehen. Er wollte nach Hause. Da wo seine lieben Zweibeiner auf ihn warteten.
 
Doch sie musste seine Lieben ersteinmal wecken, also schlug Frauchen immer wieder mit der Faust gegen das Tor.
 
Und wieder schepperte sie.

Und wieder schepperte sie.
 
Dann ging sie zum Doberman, um ihn zu beruhigen und zu streicheln, denn er litt und sie sah, dass er viel Blut verlor.  Typisch Frauchen: Sie hatte Tränen in den Augen. Doch halt, hocherfreut hörte sie eine männliche Stimme auf der anderen Seite des Tores. Auch der Hund hatte sein Herrchen gehoert und fiebste nun lauter.
 
Frauchen hetzte zum Tor und erklärte dem Zweibeiner, dass sein treuer Freund im Strassengraben liegen würde und Hilfe bräuchte. Ja, er würde sich gleich darum kümmern. Frauchen stutze, und sagte, prima, sie würde solange draussen warten. Wieder kniete sie sich neben den leidenden Hund und redete auf ihn ein und streichelte ihn. Mit traurigen Augen sah er sie an, doch als das Tor endlich aufging, wendete er seinen Kopf direkt zu seinem geliebten Herrchen. Doch sein Herrchen sah ihn nur flüchtig an, und schimpfte vor sich hin. Frauchen erklärte ihm, dass er wohl angefahren worden sei und Hilfe bräuchte, da er viel Blut verloren hatte. Der Zweibeiner, mit noch recht verschlafenen Augen, meinte nur, dass er sich wohl mit anderen Hunden geprügelt hätte. Frauchen versuchte ihm nahezurbingen, den Hund schnellstmöglichst zum Tierarzt zu bringen, sonst würde er nicht überleben. Der Herr sah auf sein Handgelenk und meinte sein Zweibeiner, der normalerweise den Garten hegt und pflegt würde bald kommen und mit ihm würde er dann den Tierarzt aufsuchen. Bin mir nicht ganz sicher, ob Tierarzt das gleiche wie die Zweibeiner im weissen Kittel sind, aber ich geh mal schwer davon aus.
 
Frauchen verabschiedete sich und bat um Erlaubnis, auf dem Heimweg nocheinmal vorbeizukommen, um nachzufragen, wie es dem Hund geht. Dann fuhr sie mit ihrer Blechkiste davon und sah noch wie das Herrchen seinem treuen Gefährten auf den Kopf täschelte. Na endlich, er war aus seiner Starre erwacht und kümmerte sich um seinen Hund.
 
Den ganzen Morgen dachte Frauchen an den kranken Hund und auf dem Heimweg blieb sie vor dessen Haus stehen. Sie klingelte und wider Erwarten wurde die Tür sofort geöffnet. Der Zweibeiner, der den Garten hegt und pflegt, kam aus dem Tor. Frauchen erkundigte sich nach dem Hund und er musste ihr leider mitteilen, dass er es nicht geschafft hatte und inzwischen im Hundehimmel sei. Frauchen tat das sehr leid und fragte den Zweibeiner, der den Garten hegt und pflegt, ob er eingeschlaefert worden sei oder auf dem Weg zum Tierarzt gestorben sei. Daraufhin erwiederte ihr der Zweibeiner, der den Garten hegt und pflegt, dass der Hund im Strassengraben gestorben sei. Oh, sagte sie verwundert, er wirkte aber recht fit, als sie ihn morgens verlassen hatte. Beide stutzen und stellten sich gegenseitig Fragen.

Die sehr empörende, traurige, enttäuschende, abgrundscheussliche Zusammenfassung ist, dass der leidende und verblutende Hund von seinem Herrchen dort liegen gelassen wurde, wo Frauchen ihn gefunden hatte und der Zweibeiner zurück ins Haus gegangen ist. Vermutlich zurück in sein Bett aus dem Frauchen ihn geholt hatte. Der Zweibeiner, der den Garten hegt und pflegt kam eine zweibeiner halbe Stunde nach Frauchens Abgang und wollte den Hund ins Haus tragen, was aber alleine nicht möglich war. Er bat das Herrchen doch den Tierarzt zu rufen, woraufhin dieser sagte, sobald der Zweibeiner, der ihm seine Blechkiste fährt käme,  sie sofort zum Tierarzt fahren würden. Während dieser Wartezeit klingelten noch weitere Zweibeiner die an dem leidenden Hund vorbeigingen, um dem Herrchen von dem verblutenden Hund im Strassengraben zu berichten und auch diese baten ihn darum, den verblutenden Hund zum Tierarzt zu fahren. Als dann der Zweibeiner, der ihm seine Blechkiste fährt kam - hatte unser Kleiner sich von unserem Zeus ueber den Regenbogen in den Hundehimmel abholen lassen.
 
Ist das nicht traurig?
 
Ich bin nur froh, dass ich nicht so ein Frauchen und Herrchen habe. Uns -und vor allem mich- wissen mein Frauchen und mein Herrchen sehr zu schätzen und unsere Treue und Liebe erwiedern sie uns bedingungslos.
 
Frauchen macht sich nun Vorwürfe, dass sie dem abscheulichen Herrchen geglaubt hat und den leidenden Hund nicht selbst ins Auto gepackt hat, irgendwie. Mein Herrchen ist mal wieder fuer ein paar Tage verschwunden, sodass sie ihn nicht zur Hilfe holen konnte. Denn wenn mein Herrchen dagewesen wäre, hätten sie den verblutenden Kumpel ins Auto gepackt, ohne den zu verachtenden Zweibeiner aus seinen Schlaf zu holen.  
 
Aber wie sollte sie auch erahnen, dass der Zweibeiner seinen treuen Freund im Strassengraben verenden lässt? Ich zweifel sogar, ob der Hund verblutet ist, oder einfach am gebrochenen Herzen gestorben ist.
 
Den einzigen Trost, den ich bei dieser Geschichte habe, ist, dass dieser leidende Bruder noch fuer ein wenig Zeit etwas von Frauchens bemerkenswert grosse Liebe erhalten hat. Somit hat er noch erfahren, wie es ist mit Liebe gestreichelt zu werden - auch wenn man verdreckt im Strassengraben liegt. Wie enttäuscht muss der treue Gefährte von seiner anvertrauten Familie gegangen sein....
 
Das Ganze ist so unfassbar und macht mich so wütend, dass ich dem Zweibeiner genau den gleichen Tod wünsche. Allein, wie (s)ein Hund im Strassengraben, mit grossen Schmerzen!
 
Frauchen sagt, ich darf das nicht schreiben, aber ich tu es trotzdem. Der herzenslose Zweibeiner hat es nicht anders verdient. Vielleicht hat er seinen treuen Gefährten nicht heben können, aber die Zweibeiner haben diese klingelnde Ungeheuer mit denen man Hilfe holen kann und er hätte ihn ansonsten auch begleiten können, bis er seinen letzten Atemzug tut.  

So, wie der Hund, der bei ihm lag, als Frauchen ihn gefunden hat. DAS ist wahre und bedingungslose Freundschaft.
 
Ein Hoch auf diesen treuen lieben Freund.
 
Ich hoffe, er trottet demnächst mal vor unserem Tor vorbei, damit ich ihm das persönlich Bellen kann!

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